Donnerstag, 25. Januar 2018

Politik: Der Präsident

Diesen Freitag und Samstag findet die finale Runde der Präsidentschaftswahl statt. Wer keine Ahnung von tschechischer Politik hat - nicht schlimm, hatte ich bis vor einigen Monaten auch nicht. Ich versuch es mal zu erklären.

Der tschechische Präsident hat zwar nicht so viel Macht wie der amerikanische, allerdings immer noch viel mehr als der deutsche Bundespräsident. Ungefähr so viel wie der österreichische Präsident vielleicht.

Früher wurde er vom Parlament gewählt, seit einigen Jahren ist das Volk dafür verantwortlich. Für diejenigen, die sich wünschen, der deutsche Bundespräsident würde auch direkt vom Volk gewählt, kann Tschechien leider eher als abschreckendes Beispiel dienen.

Der Präsident residiert auf der Prager Burg.


Deshalb lässt sich die Wahl auf Facebook mit coolen Sprüchen wie Koho na hrad? ("Wer soll auf die Burg?") oder Volební hra ("Das Spiel der Wahl") promoten - in der Hoffnung, dass sich mehr Menschen für Demokratie interessieren, wenn es nach Game of Thrones klingt.



Vor zwei Wochen war die erste Runde. Dabei traten insgesamt acht Kandidaten an. Auf Platz drei und vier landeten Michal Horáček und Pavel Fischer. Im Gegensatz zu den USA werden in der ersten Runde auch wirklich alle mehr oder weniger ernst genommen, statt dass sich alles nur auf zwei Kandidaten konzentriert. Das ist gut.
Viele Kandidaten sind oft sehr gut darin, sich von den Rechten abzugrenzen, indem sie etwa  in seiner Youtube-Werbung zu bedeutungsvoller klassischer Musik verkündet, ein Präsident müsse mutig sein und dürfe sich nicht vor den Medien fürchten und er würde gegen die rechte Regierung "hart, aber fair" spielen.
Aber was sie stattdessen für eigene Inhalte haben, das erschließt sich leider oft nicht: "Ich glaube an die Kraft der Tschechen." Aha.


Der amtierende tschechische Präsident ist Miloš Zeman. Es handelt sich um einen etwas... speziellen Präsidenten. Früher hat er sich mehr oder weniger willkürlich an einige Themen angehängt, von denen er sich Beliebtheit versprochen hat. So war er zum Beispiel für den EU-Beitritt Kroatien.
Seit sich der neue Rechtspopulismus in Europa ausbreitet, ist er auf diesen Zug aufgesprungen.
Ein ganz heikles Thema ist sein Gesundheitszustand. Es kursieren Nachrichten und Gerüchte, er sei Alkoholiker, da er zu einigen öffentlichen Auftritten in anscheinend angetrunkenem Zustand erschienen ist. Zeman leugnet das jedoch, ein bisschen Alkohol jeden Tag sei normal und gesund.

Unter anderem deswegen hat er eine ganz schlechte Meinung über die (Lügen)Presse. Er ist der einzige Präsidentschaftskandidat, der nicht in Fernsehdebatten auftritt, sondern einen Vertreter schickt. Sein Gegenkandidat Jiří Drahoš war davon so genervt, dass er einmal auch nicht persönlich in der Fernsehdebatte erschien, sondern einen Feigenbaum als Vertreter an seinen Platz stellte. Seine Gegner nutzten das aus und sagten, er sei als Politiker ja wirklich wie ein Feigenbaum, der ruhig und passiv in der Ecke steht und nichts macht.

Und dann, wenige Tage vor der Wahl, die Wende:
Zeman: Na gut, lass mal doch im Fernsehen debattieren. Aber nur zweimal!
Drahoš: Einverstanden, zwei scheint mir eine gute Anzahl zu sein. Können wir eins bei Česká Televize machen, dann darfst du den anderen Sender aussuchen.
Zeman: Oder nee, lass mal vier Duelle machen.
Drahoš: Aber du wolltest doch eben noch nur zwei machen... lass mal lieber bei zwei bleiben.
Zeman: Ha! Du traust dich nicht! Du hast Angst vor den Medien!

Jedenfalls kann niemand behaupten, der Wahlkampf wäre nicht unterhaltsam...

Während es also in den letzten Jahren in vielen Ländern hieß: "Hoffentlich gewinnt der verrückte Rechtspopulist nicht!", heißt es in Tschechien: "Hoffentlich gewinnt der verrückte Rechtspopulist nicht schon wieder!"

Für seine Wiederwahl wirbt Zeman mit nur einem einzigen Plakat: Zeman Nochmal 2018.


Seine Fans plakatieren: Stopp den Imigranten und Drahoš! Dieses Land gehört uns! Wählt Zeman!


In der ersten Runde der Wahl erreichte Zeman fast 40 Prozent der Stimmen. Als stärkste Kandidaten blieben er und Jiří Drahoš für die Stichwahl übrig. Viele hoffen, dass Zeman mit den 40 Prozent sein Maximum erreicht hat - denn alle, die nicht für ihn, sondern für einen der sieben anderen Kandidaten gestimmt haben, werden wohl auch in der zweiten Runde nicht für ihn stimmen.

Drahoš wirbt mit dem Slogan "Höflichkeit ist Stärke!", um sich von Zemans oft populistischen, beleidigenden Reden abzugrenzen. Er wirkt tatsächlich ausgesprochen seriös - neben dem abgehalfterten Zeman ist das aber wahrscheinlich auch nicht so schwer. Des weiteren haut er Dinge raus wie, dass er die EU super findet und Tschechien eventuell sogar in der Lage wäre, einige Flüchtlinge aufzunehmen. (Skandal!)
Für Jiří Drahoš spricht jedoch vor allem die Tatsache, dass er nicht Miloš Zeman ist.
Gerüchten, denen zufolge er nur Wasser trinkt und enthaltsam lebt, machen es ihm als Politiker in Tschechien allerdings nicht leicht...


Nachtrag: Zeman wurde mit etwa 51 Prozent wiedergewählt.

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