Sonntag, 11. Februar 2018

Städte: 4 mittelgroße Orte

Nach den Metropolen Brno, Ostrava und Prag hier mal vier Städte in Tschechien, von denen die meisten sicherlich noch nie gehört haben. Sie gehören weder zu den größten noch zu den kleinsten Orten des Landes, sondern liegen einfach irgendwo im Mittelfeld.

1. Frýdek-Místek

Auf den ersten Blick ein kein allzu interessanter Ort, doch ein paar Dinge sind hier bemerkenswert. Die geographische Lage zum Beispiel: Diese Doppelstadt liegt ganz, ganz weit im Osten, fast schon in den Beskiden. Diese Berge kann man auf dem Bild verschwommen hinter dem riesigen Stausee erkennen. Gestaut wird hier ein Fluss namens Olešna.


Außerdem bemerkenswert: Das lokale Spaßbad hat einen extrem harten Wildwasserfluss und es handelt sich um einen der Orte in Europa, die mit kostenlosem Nahverkehr experimentiert haben (leider nicht an dem Tag, als ich da war).


2. Jablonec nad Nisou
Diese Stadt liegt östlich von Liberec, nur 35 Minuten mit der Straßenbahn entfernt. Der Name bedeutet so viel wie "Apfelbaumingen an der Neiße", die Google-Eindeutschung lautet "Gablonz". Apfelbaumingen besteht aus hohen Hügeln mit Bäumen und schönen, etwas abgenutzten Häusern. Das sieht ziemlich gut aus.

Im Winter gestaltet es sich jedoch schwierig, die Stadt zu erkunden. Auf den Bürgersteigen türmen sich dann leider gewaltige Schneeberge, die niemand wegräumt. Das Beste, worauf man hoffen kann, ist ein Trampelpfad im Schnee mit ein paar wenigen Streukieseln.



3. Kladno

Von diesen vier mittelgroßen Städten hat mir Kladno ganz klar am wenigsten gefallen. Kladno liegt westlich von Prag. Es ist laut, hektisch und anstrengend. Wer dicke Straßen voller Baustellen mag, ist hier allerdings genau richtig.


Erst abseits des Stadtzentrums wird es etwas ruhiger, hier ist die Stadt sogar ganz schön. Trotzdem muss man dort wirklich nicht hinfahren.


4. Uherské Hradiště

Der Name bedeutet so viel wie "ungarische Festung", denn genau das war der Ort früher. Daraus kann man schon mal schlussfolgern, dass er im Süden Tschechiens liegt.

Es handelt sich auch um eine Art Doppelstadt, denn direkt nebenan liegt eine zweite Stadt mit dem extrem sperrigen Namen Staré Město u Uherského Hradiště ("Alter Stadt bei der Ungarischen Festung"). Zwischen den beiden Städten fließt die Morava.

Uherské Hradiště hat große, belebte Plätze vor einer hübschen Häuserkulisse...


...und schöne Parks.

Außerdem gibt es hier die schmalsten Fahrradstreifen der Welt.

Samstag, 10. Februar 2018

Tschechischer Straßenverkehr

Über die Bahn hab ich schon einiges geschrieben. Und wie sieht es auf tschechischen Straßen aus?
Es gibt nicht so viele Autobahnen in Tschechien, dafür viele lange, verschlungene Straßen, die sich durch die Berge schlängeln.
Innerorts darf man 50, außerorts 90 und auf Autobahnen 130 fahren.

An Ortseingängen stehen ganz häufig solche Dinger. Die Geschwindigkeit der Autofahrer wird gemessen, angezeigt und mit Smileys bewertet, oder es blinkt gegebenenfalls der rote Schriftzug Zpomal! ("Verlangsame!") auf.




Geblitzt wird man nicht, es soll nur ein freundlicher Hinweis sein.
Irgendein Witzbold hat so ein Gerät auch mal auf einer Skipiste aufgestellt, dort allerdings ohne Smileys oder Zpomal!

Bahnübergänge können etwas verwirrend sein, denn sie sehen ganz anders aus als in Deutschland. Schranken gibt es nur an ganz großen Bahnübergängen. Ansonsten muss man auf die Lichter achten.
Unten blinkt ein weißes Licht in langsamen Abständen. Das bedeutet Bahn frei (denn der Übergang ist bahnfrei), man kann fahren.
Wenn die oberen Lichter abwechselnd in schnellen Abständen rot blinken und es klingelt, nähert sich ein Zug, anhalten bitte.
Es blinkt also immer irgendwas. Wenn nichts blinkt, wurde der Strom abgestellt, dann muss man selbst gucken.

Morgens im Nebel sieht das weiße Licht ein wenig geisterhaft aus.

Donnerstag, 8. Februar 2018

Wasserparks

Freizeitparks (also solche Dinger mit Achterbahnen) sucht man in Tschechien leider vergeblich. Der nächste Freizeitpark ist der Wiener Prater, den man von Südtschechien aus als Tagesausflug ansteuern kann. Ziemlich viele Tschechen werden auch mit Reisebussen ins Legoland Günzburg gefahren.


Dafür gibt es jedoch in Tschechien zwei große Wasserparks. Beide haben einen Indoor- und einen Outdoorbereich.
Der bekannteste ist der Aquapalace im Prager Stadtteil Čestlice. Es handelt sich um eine wirklich riesige Anlage, vollgestopft mit Attraktionen.

Und alles wird durch kleine Kanäle verbunden.

Die Frage, wie dieser große Wasserpark finanziert wurde, beantwortet sich von selbst. Alles ist voller Werbung.

 

Man kann zum Beispiel durch einen Trichter rutschen oder von diesem sehr langen Wildwasserfluss mitgerissen werden.


Nicht ganz so bekannt ist das Aqualand Moravia in der Nähe von Brno. Es wurde erst 2013 eröffnet. Das merkt man auch, denn alles sieht sehr modern aus.


Das Wellenbad aus Beton beispielsweise ist bemerkenswert hässlich.


Nur die Rutschanlagen sind so richtig schön bunt.

Vor allem gibt es eine mehrere riesige Bahnen, auf denen man hin- und herpendelt.
Das ist doch noch ein ganzes Stück größer als in Prag!

 

Freitag, 2. Februar 2018

Städte: Pardubice

Ungefähr in der Mitte Tschechiens liegt Pardubice (alias Pardubitz) - meine Lieblingsstadt an der Elbe, die sich auch als pernikové srdce České Republiky (das Lebkuchenherz Tschechiens) bezeichnet.
Wenn man vom Bahnhof kommt, hat man zwar erstmal nur eine Menge Großstadtverkehr im Blick. In Pardubice fahren elektrische Busse, deshalb hängen über den Straßen Stromleitungen wie Spinnweben.

Abgesehen von solchen Kreuzungen ist Pardubice aber sehr schön anzusehen. Selbst die Wohnblöcke sind bunt.

Deshalb heißen die Stadtteile auch nicht Nord- oder Weststadt, sondern Bilé oder Zelené Předměstí (Weiße oder Grüne Vorstadt).

Und das ist der Marktplatz mit Rathaus, Uhrenturm (links) und natürlich einer Pestsäule. Sehr hübsch.

Pardubice ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks, deshalb befindet sich dort das Bezirksamt. Es nimmt mehrere Gebäude in Anspruch, die gemeinsam einen kleineren Marktplatz umringen. Für andere Gebäude ist kaum noch Platz, nur für eine kleine Kirche.

Diese Bartholomäuskirche ist etwas größer und liegt am Rande der Altstadt, neben einer dieser großen Verkehrskreuzungen.

Direkt neben der Altstadt erhebt sich das Pardubicer Schloss. Umringt wird es von einem Park, einem Wassergraben und einer weißen Mauer.

In Pardubice fließt die Chrudimka, die aus der Stadt Chrudim kommt. An ihrem Ufer steht eine "automatische Mühle".

Kurz vor einem großen Stauwehr mündet die Chrudimka in die Elbe.

Pardubicer Lebkuchen (Pardubický Perník) sind das wichtigste Exportgut und ein weiterer Grund, diese Stadt zu mögen.

Schwimmen kann man hier in gleich zwei Freibädern und einem Hallenbad. Dort hängt ein Globus von der Decke. Man kann dort eine Kletterwand hinaufklettern - wenn man den Halt verliert, stürzt man ins Wasser.

Das heimlich Highlight ist jedoch das Aquarium im Foyer, denn der eine Fisch hat ein Gesicht, das mich entfernt an den tschechischen Präsidenten erinnert hat.

Donnerstag, 1. Februar 2018

Politik: Parteien und Regierung

Jetzt habe ich schon über die Präsidentschaftswahl geschrieben, aber was ist eigentlich mit der restlichen Politik?

Im Herbst war gerade erst Parlamentswahl, wo man eine Partei ankreuzen konnte. Das tschechische Wort für Partei bedeutet wortwörtlich Seite: strana.

Und welche Seiten gibt es hier so? Ein kurzer Querschnitt - von links nach rechts.

Die KČSM ist eine kommunistische Partei. Die sind noch wesentlich kommunistischer als Die Linke in Deutschland und sehnen in die Zeit zurück, als sich Tschechien noch in der eisernen Hand der Sowjetunion befand. Die Anhänger der KČSM sind logischerweise vor allem die Menschen, die sich damals zur Elite gehörten und heute nicht mehr ganz so. Unrechtsstaat? Von wegen, das war alles viel besser damals!
Auf dem Plakat steht: "Wir sorgen für Sicherheit und beenden billige Arbeit!"

Die ČSSD ist eine sozialdemokratische Partei.
Auf dem Plakat steht: "Niedrigere Steuern für die Menschen, höhere für die Banken. Wenn ein Land reicher wird, müssen auch die Menschen reicher werden."
Teilweise wird kritisiert, dass die ČSSD zwar Geld an Bedürftige verteilt, aber oft relativ planlos.
Wie andere große Parteien hat die ČSSD in den letzten Jahren durch diverse Skandale viele Stimmen eingebüßt, ist von 30 auf 7 Prozent gesunken und hat so neuen Parteien den Weg geebnet.

Es gibt auch eine grüne Partei (Zelení). Bei jungen Leuten genießt die eine gewisse Beliebtheit, aber für den Sprung über die Fünfprozenthürde reicht es dann doch nicht.

Die Piratenpartei ist hier auch noch am Leben und wurde von den jungen Menschen sogar mit über 10 Prozent ins Parlament gewählt. Leider hab ich kein Piratenplakat zum Fotografieren gefunden.

Die Christdemokraten sind ebenfalls zur Kleinpartei mit weniger als 6 Prozent geschrumpft. So groß wie die deutsche CDU waren die aber auch vorher nicht.
Sie sind laut Plakat "entschieden für eine gemeinsame Heimat".


TOP 09 steht für "Tradition, Verantwortung, Wohlstand" und wurde 2009 gegründet. Das ist eine konservative Partei, die sich allerdings klar von den neuen Rechtspopulisten abgrenzt. (So etwas ist heutzutage schon eine Seltenheit.) Deswegen hat sie wohl auch nur einstellige Wahlergebnisse. Ihr bekanntester Politiker heißt Karel Schwarzenberg.
"Die Frau hat ein Recht auf Familie und Karriere.", teilt uns sein Plakat mit.


"Niedrigere Steuer, weniger Bürokratie, mehr Freiheit"? Klarer Fall, die ODS ist die tschechische FDP. Sie hat etwas 10 Prozent geholt.


Die größte Partei jedoch, die erst vor Kurzem aus dem Nichts aufgetaucht ist, heißt ANO. Das ist die Abkürzung für "Aktion unzufriedene Bürger" und heißt gleichzeitig "ja". Die Partei gibt sich als ursprüngliche Bürgerbewegung aus, was sie nicht ist.
Angeführt wird diese Partei vom reichen Unternehmer Andrej Babiš. Er möchte überraschenderweise Sozialleistungen kürzen und es großen Unternehmen leicht machen - hätte man bei jemandem wie gar nicht erwartet.
Damit das nicht so auffällt, befeuert er die übliche Angst vor Migranten und Hass auf die Elite (zu der er nicht gehört, er ist ja nur ein einfacher Milliardär und ehemaliger Finanzminister). Ein hervorragendes Konzept, mit dem er es zu 30 Prozent und zur stärksten politischen Kraft gebracht hat. Warum? Babiš ist den anderen Parteien einfach einen Schritt voraus. Wahlkampf mit Emotionen zu machen, ist nichts ungewöhnliches, doch Babiš macht bereits Wahlkapmf mit Emojis.
Und während die anderen Politiker alle große Reden schwingen, will er "machen und nicht rumlabern" und "sich der Korruption stellen und nicht rumlabern. Wir lassen uns nicht aufhalten. Wir vollziehen den Wechsel. ANO, es wird besser."
Ja, der Babiš ist ein entschiedener Gegner der Korruption. Dass er selbst Steuern hinterzogen und EU-Fördergelder veruntreut haben soll, sind natürlich nur inszenierte Vorwürfe der systemgesteuerten Lügenpresse.


Wem das nicht genügt, der wählt die... SPD. Ja, in Tschechien ist die SPD die ultrarechte Partei. Die Abkürzung steht für "Morgenröte der direkten Demokratie".
Angeführt wird sie von Tomio Okamura. Auf seinen Plakaten steht "Nein zum Islam, nein zum Terrorismus, ein sicheres Land für jeden" oder "Wir verlassen die EU nach England." Außerdem tritt er wie gesagt für ganz viel direkte Demokratie ein.


Kleiner Fun Fact: Okamura ist tschechischen, japanischen und koreanischen Ursprungs. Babiš kommt aus der Slowakei. Die tschechische Rechte wird von Ausländern angeführt.

Die letzte Regierung bestand aus Sozialdemokraten, ANO und ein paar Christdemokraten, Premierminister war der Sozialdemokrat Bohuslav Sobotka.

Nach der letzten Wahl haben einige eine Regierung aus ANO, SPD und Kommunisten befürchtet, die von Präsident Zeman ernannt wird - eine Art ultimative Allianz des Bösen oder so. Das ist aber nicht passiert, unter anderem, weil Okamura aus der EU austreten will und Babiš nicht, denn das wäre schlecht für seine Unternehmen.

Andere Koalitionspartner hat er nicht gefunden. Eine Minderheitsregierung gibt's auch nicht, weil Babiš die Vertrauensfrage im Parlament verloren hat. Trotzdem hat ihn Präsident Zeman beauftragt, noch einmal zu versuchen, ein Koalition zusammenzusuchen.

Unterdessen rätseln die Schriftsteller, was mit ihrem Land passiert ist: "Vielleicht kommt sogar ein Diktator. Warum wir schon wieder die Freiheit verlieren und warum das niemanden mehr interessiert."

Die Zukunft ist ungewiss.