Mittwoch, 21. März 2018

Kinderfilme

Die tschechischen Kinderfilme: Einige sind auch in Deutschland sehr bekannt, andere eher nicht so. Einige zu recht, andere eher nicht so.
Hier ein paar Beispiele:

Krtek/Der kleine Maulwurf

In dieser aus zoologischer Sicht nicht ganz korrekten Naturstudie erlebt ein Maulwurf mit Hase, Igel und anderen Tieren diverses Zeug. Dank minimalistischer Sprache ("Hallo!" "Jé!"="Oje!" "Pa-pa!"="Tschüss!") ist die tschechische Synchronisation auch international relativ verständlich.
Durch die kurzen Trickfilme wurden schon Millionen Kinder enttäuscht, die im heimischen Garten leider feststellen mussten, dass aus echten Maulwurfshügeln nicht etwa jeden Morgen, sondern so gut wie nie ein Maulwurf kommt (und schon gar nicht einer mit blauer Schaufel).


Mach a Šebestová/Mach und Šebestová

Zwei schulpflichtige Kinder und ein nicht schulpflichtiger Hund aus einem Wohnblock bekommen von einem geheimnisvollem alten Mann einen abgerissenen Telefonhörer (sluchátko) geschenkt. Dieser verfügt über Fähigkeiten, die Apples Siri alt aussehen lassen: Er beantwortet jede Art von Bitte mit ausgesuchter tschechischer Höflichkeit und erfüllt den Wunsch umgehend. Dabei entstehen keinerlei Nachteile, Nebenwirkungen oder Missverständnisse, sodass dieser Telefonhörer im Vergleich deutlich besser abschneidet als ein Sams, eine Wunderlampe oder andere Arten der Wunscherfüllung.
Theoretisch könnten sich die Kinder nun ein paradiesisches Leben leisten, praktisch nutzen sie den Hörer allerdings nur zur Lösung diverser Alltagsprobleme, etwa um einen Mitschüler von einer Krankheit zu kurieren, damit er auf der Klassenfahrt mitfahren kann. Sie wünschen ihn aber nicht einfach gesund, sondern wünschen sich, so klein zu sein, dass sie in seine Kehle hinabsteigen und gegen die Bazillen kämpfen können. Möglicherweise sind sie Adrenalinjunkies.

Sparsam wird mit der Synchronisation umgegangen: Ein einzelner Sprecher fungiert als Erzähler und spricht alle Figuren. Der Titelsong hat Kultstatus.

At žijou duchové!/Es leben die Geister!

Ein Haufen singender Jungpioniere (ist ja noch aus dem Kommunismus) wollen eine Burg zu einem Museum wiederaufbauen. Ein Supermarktbetreiber will die Burg niederreißen und dort Champignons züchten. In der Burg leben Geister, die aus irgendeinem Grund wie ganz normale Menschen aussehen und nur anhand der mittelalterlichen Kleidung zu erkennen sind. Das Geistermädchen wird am Ende erlöst und lebt wieder, was nur dadurch zu erkennen ist, dass sie nun eine Hose statt weißem Kleid trägt.
So weit, so merkwürdig. Vor allem aber wird nervtötend viel gesungen, jeder Handlungsschritt muss zwingend durch ein langes Lied von allen Kindern kommentiert werden.


Pat a Mat/Pat und Mat

Zwei Nachbarn wollen irgendwas machen, zum Beispiel ein Bücherregal errichten, tapezieren oder Wein anbauen. Sie bauen etwas sehr Wackeliges auf, schütteln sich zufrieden die Hände, alles bricht zusammen (manchmal explodiert auch etwas), sie kratzen sich am Kopf, fangen von vorn an und bauen etwas noch viel Größeres, schütteln sich die Hände... naja, und immer so weiter.
Funktioniert komplett ohne Sprache, unterstützt nur von witziger Musik. Nur in den Niederlanden und in Polen wurden sinnloserweise Dialoge hinzugefügt.


Návštěvníci/Die Besucher

Im Jahr 2484 einer ziemlich perfekt-utopische Zukunft (außer dass es kein Bier gibt) verkündet der möglicherweise fehlerhafte Supercomputer mit beeindruckend tiefer Stimme, dass ein Komet Teile der Erde zerstören wird. Das ließe sich verhindern, indem man einfach ein paar Kontinente verschiebt.
Im Jahr 1984, also im finstersten Mittelalter (aus Sicht der Menschen im Jahr 2484 jedenfalls), wohnt in einer tschechischen Kleinstadt ein elfjähriges Genie, der später den Nobelpreis bekommen soll. Er kritzelt eine Formel zur Verschiebung von Kontinenten in sein Heft neben das Bild einer nackten Frau klebt (weshalb sein Vater es wütend einkassiert).
Vier Zeitreisende reisen also 500 Jahre in die Vergangenheit, um die Welt zu retten und einem Jungen das Schulheft zu klauen - möglichst unauffällig natürlich, damit die Geschichte nicht beeinflusst wird. Das wird lustig.
"Ist Ihnen klar, dass wir in ein Jahrhundert mit zwei Weltkriegen reisen?"
"Wir könnten uns mit der Pest anstecken." - "Nein, die Pest war im Mittelalter."

Der alte Akademiker der Gruppe ist spielt immer den Oberlehrer, auch wenn er ständig Dinge missinterpretiert, zum Beispiel einen Campingplatz: "Schauen Sie, Nomaden."

Eine witziger Twist (Achtung, Spoiler) besteht darin, dass der Elfjährige in der Schule ziemlich schlecht ist. Sein physikalisches Wissen erhält er in heimlichen Treffen mit dem nicht minder genialen, wenn auch ziemlich heruntergekommenen Dorf-Opa Drchlík.

Aus irgendeinem Grund sind im Jahr 2484 alle Mensch kahlköpfig und essen sprudelnden Wackelpudding. Nackt zu sein ist nicht schlimm, aber keine Perücke aufzuhaben ist sehr peinlich.
Naja. Eine besonders präzise Vorhersage des Jahres 2484 dürfte das hier nicht gerade sein, dafür ein umso liebenswerteres Porträt Tschechiens im Jahr 1984.

Die Tatsache, dass viele der Erfindungen im Jahr 2084 mittlerweile schon erfunden sind (naja, Zeitreisen noch nicht), stimmt etwas nachdenklich.
Irgendwie wünsche ich mir ein Remake, bei dem die Zeitreisenden ins Jahr 2018 reisen. Allerdings habe ich angesichts unserer futuristischen Gegenwart keine Ahnung, wie man die Zukunft darstellen könnte, damit sie sich deutlich von der Gegenwart unterscheidet.


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