Donnerstag, 1. Februar 2018

Politik: Parteien und Regierung

Jetzt habe ich schon über die Präsidentschaftswahl geschrieben, aber was ist eigentlich mit der restlichen Politik?

Im Herbst war gerade erst Parlamentswahl, wo man eine Partei ankreuzen konnte. Das tschechische Wort für Partei bedeutet wortwörtlich Seite: strana.

Und welche Seiten gibt es hier so? Ein kurzer Querschnitt - von links nach rechts.

Die KČSM ist eine kommunistische Partei. Die sind noch wesentlich kommunistischer als Die Linke in Deutschland und sehnen in die Zeit zurück, als sich Tschechien noch in der eisernen Hand der Sowjetunion befand. Die Anhänger der KČSM sind logischerweise vor allem die Menschen, die sich damals zur Elite gehörten und heute nicht mehr ganz so. Unrechtsstaat? Von wegen, das war alles viel besser damals!
Auf dem Plakat steht: "Wir sorgen für Sicherheit und beenden billige Arbeit!"

Die ČSSD ist eine sozialdemokratische Partei.
Auf dem Plakat steht: "Niedrigere Steuern für die Menschen, höhere für die Banken. Wenn ein Land reicher wird, müssen auch die Menschen reicher werden."
Teilweise wird kritisiert, dass die ČSSD zwar Geld an Bedürftige verteilt, aber oft relativ planlos.
Wie andere große Parteien hat die ČSSD in den letzten Jahren durch diverse Skandale viele Stimmen eingebüßt, ist von 30 auf 7 Prozent gesunken und hat so neuen Parteien den Weg geebnet.

Es gibt auch eine grüne Partei (Zelení). Bei jungen Leuten genießt die eine gewisse Beliebtheit, aber für den Sprung über die Fünfprozenthürde reicht es dann doch nicht.

Die Piratenpartei ist hier auch noch am Leben und wurde von den jungen Menschen sogar mit über 10 Prozent ins Parlament gewählt. Leider hab ich kein Piratenplakat zum Fotografieren gefunden.

Die Christdemokraten sind ebenfalls zur Kleinpartei mit weniger als 6 Prozent geschrumpft. So groß wie die deutsche CDU waren die aber auch vorher nicht.
Sie sind laut Plakat "entschieden für eine gemeinsame Heimat".


TOP 09 steht für "Tradition, Verantwortung, Wohlstand" und wurde 2009 gegründet. Das ist eine konservative Partei, die sich allerdings klar von den neuen Rechtspopulisten abgrenzt. (So etwas ist heutzutage schon eine Seltenheit.) Deswegen hat sie wohl auch nur einstellige Wahlergebnisse. Ihr bekanntester Politiker heißt Karel Schwarzenberg.
"Die Frau hat ein Recht auf Familie und Karriere.", teilt uns sein Plakat mit.


"Niedrigere Steuer, weniger Bürokratie, mehr Freiheit"? Klarer Fall, die ODS ist die tschechische FDP. Sie hat etwas 10 Prozent geholt.


Die größte Partei jedoch, die erst vor Kurzem aus dem Nichts aufgetaucht ist, heißt ANO. Das ist die Abkürzung für "Aktion unzufriedene Bürger" und heißt gleichzeitig "ja". Die Partei gibt sich als ursprüngliche Bürgerbewegung aus, was sie nicht ist.
Angeführt wird diese Partei vom reichen Unternehmer Andrej Babiš. Er möchte überraschenderweise Sozialleistungen kürzen und es großen Unternehmen leicht machen - hätte man bei jemandem wie gar nicht erwartet.
Damit das nicht so auffällt, befeuert er die übliche Angst vor Migranten und Hass auf die Elite (zu der er nicht gehört, er ist ja nur ein einfacher Milliardär und ehemaliger Finanzminister). Ein hervorragendes Konzept, mit dem er es zu 30 Prozent und zur stärksten politischen Kraft gebracht hat. Warum? Babiš ist den anderen Parteien einfach einen Schritt voraus. Wahlkampf mit Emotionen zu machen, ist nichts ungewöhnliches, doch Babiš macht bereits Wahlkapmf mit Emojis.
Und während die anderen Politiker alle große Reden schwingen, will er "machen und nicht rumlabern" und "sich der Korruption stellen und nicht rumlabern. Wir lassen uns nicht aufhalten. Wir vollziehen den Wechsel. ANO, es wird besser."
Ja, der Babiš ist ein entschiedener Gegner der Korruption. Dass er selbst Steuern hinterzogen und EU-Fördergelder veruntreut haben soll, sind natürlich nur inszenierte Vorwürfe der systemgesteuerten Lügenpresse.


Wem das nicht genügt, der wählt die... SPD. Ja, in Tschechien ist die SPD die ultrarechte Partei. Die Abkürzung steht für "Morgenröte der direkten Demokratie".
Angeführt wird sie von Tomio Okamura. Auf seinen Plakaten steht "Nein zum Islam, nein zum Terrorismus, ein sicheres Land für jeden" oder "Wir verlassen die EU nach England." Außerdem tritt er wie gesagt für ganz viel direkte Demokratie ein.


Kleiner Fun Fact: Okamura ist tschechischen, japanischen und koreanischen Ursprungs. Babiš kommt aus der Slowakei. Die tschechische Rechte wird von Ausländern angeführt.

Die letzte Regierung bestand aus Sozialdemokraten, ANO und ein paar Christdemokraten, Premierminister war der Sozialdemokrat Bohuslav Sobotka.

Nach der letzten Wahl haben einige eine Regierung aus ANO, SPD und Kommunisten befürchtet, die von Präsident Zeman ernannt wird - eine Art ultimative Allianz des Bösen oder so. Das ist aber nicht passiert, unter anderem, weil Okamura aus der EU austreten will und Babiš nicht, denn das wäre schlecht für seine Unternehmen.

Andere Koalitionspartner hat er nicht gefunden. Eine Minderheitsregierung gibt's auch nicht, weil Babiš die Vertrauensfrage im Parlament verloren hat. Trotzdem hat ihn Präsident Zeman beauftragt, noch einmal zu versuchen, ein Koalition zusammenzusuchen.

Unterdessen rätseln die Schriftsteller, was mit ihrem Land passiert ist: "Vielleicht kommt sogar ein Diktator. Warum wir schon wieder die Freiheit verlieren und warum das niemanden mehr interessiert."

Die Zukunft ist ungewiss.

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